Nachhaltigkeit gehört zur digitalen Transformation – Experteninterview mit Steffen Szeidl

von | 1 Nov 2020 | Kooperationen

Wie sich die Digitalisierung auf die Immobilienwirtschaft auswirkt und wie Drees & Sommer die digitale Transformation angeht, erklärt Steffen Szeidl, Vorstand der Drees & Sommer SE.

Welcher Bereich ist Ihrer Meinung nach noch unterschätzt, wenn es um die Digitalisierung der Immobilienbranche geht? 

Bei der Digitalisierung der Immobilienbranche geht es nicht nur um Rendite, sondern vor allem auch darum, welche Antworten wir unserer Umwelt geben. Ökonomie, Ökologie und Soziologie – das ist der Dreiklang, der die Zukunftsmusik bestimmt. Denn genauso muss Nachhaltigkeit zur digitalen Transformation gehören, damit unser Planet enkelfähig bleibt. Angesichts der Tatsache, dass das Bauwesen zu den größten Verbrauchern von Rohstoffen zählt, kommt unserer Branche eine große Verantwortung im Umgang mit Ressourcen zu. Die Circular Economy in Verbindung mit neuen digitalen Lösungen wird ein echter Zukunftsmotor sein. Kürzlich haben wir deshalb die Mehrheitsanteile der vom Chemiker Prof. Dr. Braungart gegründeten EPEA erworben, der maßgeblich das Cradle to Cradle-Prinzip, kurz C2C, geprägt hat. Hier geht es darum, Abfall zu vermeiden und Rohstoffe für Produkte, Prozesse und Gebäude in immer gleicher Qualität zu erhalten und wiedereinzusetzen.

Welche digitalen Lösungen vermissen Sie im Immobilienbereich? 

Wie bei sehr vielen Unternehmen gibt es auch bei uns einen bislang noch nicht gehobenen Datenschatz aus zigtausenden von Projekten der vergangenen fünf Jahrzehnte, in dem Gebäude,- Nutzer sowie Kommunikations- und Prozessdaten in unterschiedlichen Datenformaten und -systemen schlummern. Das Zauberwort heißt Datenzentrierung, und mit ihr diese Schätze zu heben und neue Geschäftsmodelle daraus zu entwickeln. Mit unserer Beteiligung, der als PropTech 2013 in Berlin gegründeten InterfaceMA sind wir dabei, dafür standardisierte und leistungsfähige Schnittstellen zu entwickeln. Von unseren gemeinsamen Lösungen sollen künftig nicht nur wir, sondern auch Eigentümer, Investoren, Asset-, Facility- und Fonds-Manager profitieren können.

Wenn Sie Eigentümer von Immobilien wären: Welche ersten Schritte zur Digitalisierung würden Sie gehen? 

Zuallererst würde ich den angstgetriebenen Aktionismus nach dem Motto „Viel hilft viel“ vermeiden. Also trotz des Handlungsdrucks die altbekannte Bau-Maxime beherzigen: Wer hohe Türme bauen will, muss sich lange mit dem Fundament beschäftigen. Wie beim Turmbau sollten auch digitale Maßnahmen auf dem tragfähigen Fundament einer Digitalisierungsstrategie stehen. Bauherren müssen sich also genau überlegen, wer die späteren Nutzer sind, was sie erwarten und was das Gebäude später digital leisten muss: Wie digitalisiert, vernetzt und intelligent soll das Gebäude sein? Wer sich das aber nicht lang vor Baubeginn fragt und digitale Strukturen und Prozesse hierfür nicht einplant und richtig ausbaut, kann sich auf viele kosten- und zeitintensive Ehrenrunden einstellen.

Glauben Sie, dass die Digitalisierung neue Wege für kommerzielle Gebäude eröffnet?

Sicher. Hier begleiten wir bereits spannende Projekte wie `The Ship‘ in Köln und auch `cube berlin‘ inmitten der Hauptstadt. Vor allem stehen bei deren Entwicklung der Nutzer und seine Bedarfe im Vordergrund und bei der digitalen Konzeption ist der Mensch das Vorbild. Während die Sensoren den Sinnesorganen entsprechen, ist eine künstliche Intelligenz, kurz KI, das Gehirn. Es lernt aus den Daten des Betriebs, der Nutzer und der Umwelt und formuliert daraus Verbesserungsvorschläge. Zum Beispiel benötigen nicht genutzte Flächen künftig weder Heizung noch Kühlung, Lüftung oder Licht – und müssen auch nicht unnötig gereinigt werden. Getreu dem Sharing Economy-Gedanken ist es außerdem möglich, Arbeits- oder Parkplätze mehrfach zu vermieten. Und mit einer App können Mieter beispielsweise Raumklima, Zugangskontrollen, Paketstation und vieles mehr selbst steuern. Wesentlicher Punkt ist jedoch das Erkennen und Generieren von neuen Geschäftsmodellen anhand von Daten, Analysen oder neuen Anwendungen, der Ansatz geht somit weit über das bisherige Planen, Bauen und dann Betreiben hinaus.

Für welche Phasen im Lebenszyklus von Immobilien sind die meisten Veränderungen zu erwarten? 

Langfristig für alle Phasen. Worauf wir hinarbeiten ist, dass es einen digitalen Zwilling, also ein virtuelles Abbild, von Immobilien gibt, der sie über den gesamten Lebenszyklus begleitet – egal wem sie wann gehören oder von wem sie gerade genutzt werden. Das beginnt mit der Beratung des Kunden und dem Einbezug der Nutzer, geht über die Anwendung von Building Information Modeling, also BIM, in der Planung bis hin zu Smart-Building- und Cyber-Security-Konzepten für den späteren Betrieb, der auch die BIM-Daten der Planung wiederum sinnvoll integriert. Und auch beim Rückbau, gibt es genaue Daten über Baustoffe und Materialien, um sie nachhaltig wiedereinzusetzen. In der Phase des Development bzw. der Planung sind viele neue Prozesse und Tools vorhanden, diese gilt es jetzt konsequent einzusetzen, in den Phasen Ausführung und Betrieb wird oftmals noch sehr herkömmlich gearbeitet, hier sind – auch durch neue Technologien z.B. im Bereich Bauprodukte, Prozesse und Datenverwaltung – große Veränderungen zu erwarten.

Wie kann die Immobilienbranche innovativer werden? Was wären Ihre Tipps?

Zumindest kann ich sagen, was wir bei Drees & Sommer tun, um innovativ zu sein: Uns radikal nutzer-zentriert ausrichten, neue Technologien als Chance begreifen, auf echte Kooperationen mit Forschung, Start-ups und mit unseren Kunden und Geschäftspartnern setzen und Digitalisierung dabei ausschließlich aus der Sicht der Bedürfnisse der Menschen denken.

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